4 Sterne,  Gelesen 2022,  Rezensionen

[Rezension] Hans-Erdmann Schönbeck: … und nie kann ich vergessen – Tim Pröse

Jahrhundertzeugen, Hans-Erdmann Schönbeck, Tim Pröse, Heyne Verlag, Rezension

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Titel: Hans-Erdmann Schönbeck: „… und nie kann ich vergessen“ – Ein Stalingrad-Überlebender erzählt von Krieg, Widerstand – und dem Wunder, 100 Jahre zu leben
Reihe: Einzelband
Autor: Tim Pröse
Verlag: Heyne
Erscheinungsjahr: 2022
Einband: Hardcover
Seitenanzahl: 283

Meine Wertung: 4 Federn

Klappentext:

Hans-Erdmann Schönbeck lag mit schwersten Verletzungen und erblindet vor Stalingrad und hatte keine Hoffnung. Doch er wurde gerettet. Als einer der letzten wurde er aus der Hölle geflogen. Fast 80 Jahre später, mit knapp 100 Jahren Lebensweisheit, blickt Schönbeck nun gemeinsam mit Spiegel-Bestseller-Autor Tim Pröse zurück: Auf seinen inneren Widerstand gegen Hitler. Auf die verpasste Gelegenheit, ihn zu töten, als Schönbeck nach der Schlacht in Hitlers Nähe kommandiert wird. Ein paar Nächte schläft er auch neben Graf Stauffenbergs Bombe. All das beschäftigt ihn, doch es bricht ihn nicht. Er macht steile Karriere in der Automobilindustrie und bleibt voller Demut und Dankbarkeit, gerettet worden zu sein. Mit dem großen Wissen, was Freiheit und Diktatur wirklich bedeuten, spricht er über alte und neue Werte. Und das, was uns Menschen zusammenhält. Ein einfühlsames Porträt und ein Appell an die Menschlichkeit von einem der letzten Stalingrad-Überlebenden.

Rezension:

Wieder ein unglaublich gutes Buch aus der Feder von Tim Pröse. Schon in seinem Buch „Jahrhundertzeugen„, welches ich euch nur immer wieder ans Herz legen kann, haben wir Hans-Erdmann Schönbeck kennengelernt. Nun erleben wir mit ihm hautnah die Schrecken aus dem Kessel von Stalingrad. Es grenzt an ein Wunder, dass Herr Schönbeck dort noch in allerletzter Minute herausgeflogen werden konnte.

Hans-Erdmann Schönbeck beschönigt nichts. Er lässt und teilhaben an seinen Gedanken und den Zweifeln, die ihn immer wieder plagen, als er im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Deutschen, auf Seiten Adolf Hitlers kämpft. Aber, er lässt uns auch daran teilhaben, dass er mitgemacht hat. So war es eben. Man wurde eingezogen, man befolgte Befehle, man gab Befehle. Auch Hans-Erdmann Schönbeck tat dies, weil es verlangt wurde. Ich kann und mag nicht beurteilen, wie viele der Soldaten im Zweiten Weltkrieg genau wie Hans-Erdmann Schönbeck Zweifel an diesem Krieg, den Befehlen, die sie ausführten, hatten. Vermutlich mehr, als wir ahnen, denn wer hat schon darüber gesprochen? Meine Großeltern auf jeden Fall nicht. Aber was ich nach der Lektüre dieses Buches beurteilen kann ist, dass Hans-Erdmann Schönbeck sehr reflektiert mit dem umgeht, was er getan oder auch nicht getan hat. Davor habe ich großen Respekt.

Diese Biografie wird von zwei Menschen erzählt. Herr Schönbeck erzählt selbst und Tim Pröse ordnet das Erzählte für den Leser ein. Er beschreibt, wie er Hans-Erdmann Schönbeck und dessen Taten einordnet. Er lässt eigene Empfindungen zum Gesagten einfließen und berichtet, wie er Politik sieht, sowie was andere große Politiker gesagt und getan haben und ein bisschen über seinen eigenen Großvater. Ich weiß nicht, ob das wirklich hätte sein müssen. Es war nicht uninteressant, aber für mich gehörte es nicht zwingend zur Geschichte Schönbecks dazu.

Wir bekommen übrigens nicht nur die Geschichte aus Stalingrad erzählt. Tim Pröse nimmt uns mit durch das gesamte Leben von Hans-Erdmann Schönbeck. Aufgewachsen in einem liebevollen, hitler-kritischen Elternhaus geht es dann dennoch in den Krieg. Nach dem Krieg geht es ins Berufsleben, in dem er sich eine wirklich spannende und gut laufende Karriere aufbaut. Angefangen als Verkaufsleiter bei VW, ging es weiter zu Audi, wo er sich schnell zum Vertriebschef von Deutschland hocharbeitete. Beendet hat er sein berufliches Leben als Vorstandsmitglied und später Aufsichtsratsmitglied bei BMW.

Was mich sehr berührt ist, dass man aus den Zeilen heraus liest, dass Hans-Erdmann Schönbeck mit sich und seinem Leben im reinen ist. Er hat es genossen, er hat eine wunderbare Familie, tolle Freunde und Bekannte und er liebt Musik und liebte das Tanzen. Ich habe das Gefühl, dass er nach fast 100 Jahren auf ein erfülltes Leben zurückblickt und das kann bei Weitem nicht jeder von sich sagen.

Insgesamt bekommen wir aber wieder ein unglaublich interessantes Werk, einen Zeitzeugenbericht, wie es sie bald nicht mehr geben wird. Ich bin sehr froh, dass Tim Pröse gemeinsam mit Hans-Erdmann Schönbeck dessen Geschichte erzählt. Von mir gibt es 4 Federn.

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